Mein persönliches Highlight in der Historischen Ausstellung Krupp in der Villa Hügel habe ich bislang noch vorenthalten: Mies van der Rohe an der Ruhr!
Wir waren fast durch die Ausstellung durch, als da plötzlich noch eine Tafel mit einer Info auftauchte…
Einer meiner Lieblingsarchitekten, nämlich Ludwig Mies van der Rohe (1886-1969), hat im Jahr 1961 für das Unternehmen Krupp einen Plan für einen Neubau der Konzernzentrale entworfen. Das wusste ich gar nicht!
Das Gebäude wurde allerdings aufgrund der damals angespannten finanziellen Lage leider nicht gebaut. Schade, sonst hätten wir noch eine weitere Attraktion von ihm in unmittelbare Nähe (neben dem Haus Lange und Haus Esters in Krefeld).
Trotzdem: Ist es nicht toll, wenn man völlig ahnungslos durch eine Ausstellung schlendert und plötzlich auf solche Querverbindungen stößt? Für mich sind das immer erhellende Augenblicke, die mich total erfreuen. So sollte die Verwaltung ausschauen:
Quasi das Gegenteil der feudalen, nach Repräsentation und Selbstdarstellung strebenden Villa Hügel: Ein demokratischer und sachlicher Bau.
Mies an der Ruhr
Als wir nach der Ausstellung im Kleinen Haus noch einmal ganz kurz in das Große Haus gehen, damit auch der Herzallerliebste mal um die riesige Untere Halle sieht, schlendert „Super Hubby“ instinktsicher und mit zielgenauer Treffsicherheit direkt zur Info-Theke, wo er tatsächlich ein kleines Buch mit dem Titel „Mies an der Ruhr“ findet. Grumpy Hubby ist ab sofort nicht mehr der grummeligste, sondern natürlich der beste aller Ehemänner. 😉
In dem kleinen Buch schildert Thorsten Scheer (Professor für Kunstgeschichte, Baugeschichte und Architekturtheorie an der Peter Behrens School of Arts/Hochschule Düsseldorf) etwas ausführlicher die Geschichte des Entwurfs für die neue Krupp-Konzernzentrale.
Was ich super spannend darin fand, war, dass sich das Image des Unternehmens Krupp grundlegend verändern sollte: weg von der „Waffenschmiede der Nation“ zum modernen Unternehmen, das (wieder) dem westlichen Wertesystem entsprach. Deshalb hielt man in den USA nach einem entsprechenden Architekten Ausschau. Eine Delegation reiste 1960 dorthin, um sich Gebäude anzusehen und Kontakt zu einem Architekten aufzunehmen. Auf Mies van der Rohe fiel schließlich die Wahl, vielleicht weil er „als Emigrant über jedweden Verdacht einer Nähe zum NS-Regime erhaben war“ (S. 12 Thorsten Scheer: Mies an der Ruhr).
Anmerkung: Bei Wikipedia lese ich, dass Mies später als opportunistisch gegenüber dem Nazi-Regime galt, aber damit muss ich mich wohl nochmal genauer beschäftigen. Fakt ist, dass er – nach der Schließung des Staatlichen Bauhauses in Weimar 1931 durch die Nazis (welches er zu dem Zeitpunkt leitete), und dem Ende des zur Selbstauflösung gezwungenen von ihm als Privatschule gegründeten Bauhauses in Berlin 1933,- 1938 in die USA emigrierte. Er ließ sich in Chicago nieder und wurde 1944 amerikanischer Staatsbürger.
Mies in Berlin
Das einzige nach dem Krieg von ihm tatsächlich erbaute Gebäude in Deutschland ist übrigens die Neue Nationalgalerie in Berlin (Fertigstellung 1968). Die Stahlkonstruktion des Dachs entstand laut Thorsten Scheer unter Federführung des Unternehmens Krupp-Stahlbau. So kam es doch noch zu einer Zusammenarbeit zwischen ihnen.
Der Herzallerliebste hat dort kürzlich die Ausstellung „Gerhard Richter. 100 Werke für Berlin“ besucht und netterweise ein paar für seine Verhältnisse recht gelungene Fotos für mich gemacht. Ein unfassbar schönes und elegantes Gebäude, leider habe ich es nach der Sanierung, die zwischen 2015 und 2021 stattfand, selbst noch nicht wieder gesehen. Aber die Fotos sind ja auch schon was wert. 🙂








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