Tour durch das Briller Viertel in Wuppertal – Größtes zusammenhängendes Gründerzeit-Villenviertel in Deutschland

Und schon wieder haben wir uns nach Wuppertal aufgemacht… Und wir werden es definitiv nochmal tun. Diese Stadt wird völlig unterschätzt! Als architekturinteressierter Mensch kommt man dort wirklich auf seine Kosten.

Wie schon bei der ersten Tour (siehe Blogartikel), orientierten wir uns an einer Karte, die die Stadt Wuppertal zur Verfügung stellt: Diesmal war es der Stadtrundgang Nummer 2 durch das Briller Viertel. Dadurch, dass die ehemaligen Städte Barmen und Elberfeld in der Frühindustrialisierung führende Zentren der Textilindustrie waren, gab es viel Reichtum – der anscheinend durch das wohlhabende Bürgertum direkt in die Architektur floss…

Es ist wirklich nicht übertrieben, wenn es auf der Internetseite heißt, dass es sich um ein „herausragendes“ Viertel handelt: 250 denkmalgeschützte Häuser stehen dort an einem Ort und ich weiß nicht, ob ich vorher schon mal so viele tolle Häuser auf einem Haufen gesehen habe. Freiburg ist mir spontan eingefallen, als ich mit offenem Mund in der Roonstraße stand. Dort habe ich mal eine Freundin besucht, die in einer ähnlich schönen Altbaustraße wie der Roonstraße gewohnt hat. Und Bonn fällt mir noch ein, die Südstadt. Aber so viele Fassadendetails, so viel Neobarock, Neogotik und Neorenaissance ist schon was Besonderes, finde ich. Und Jugendstil-Elemente tauchen natürlich auch hier und da auf. Ich stelle wieder drei Beispiele vor und lasse danach die Bilder für sich sprechen.

1. Villa Springorum

Diese von Ludwig Conradi in den Jahren 1923 und 1924 erbaute Villa sticht schon von Weitem ins Auge. Nicht, dass das Neobarocke so mein Ding wäre… Aber an diesem Haus kommt man irgendwie nicht vorbei, ohne es staunend anzusehen. Man muss ja auch nicht immer alles wunderschön finden, interessant ist ja auch spannend. In der Denkmalliste wird es folgendermaßen beschrieben: „Im Gelenkpunkt ist ein Treppenturm mit geschweifter Spitzhaube eingefügt, wodurch geschickt der Übergang zwischen den beiden Dachformen gelöst wird. Die dominierenden Schieferdächer haben eine Vielzahl von aufwendigen Dachgauben in barocken Zierformen.“

Baudenkmal seit 1989

Ursprünglich für den Direktor der Vereinigten Glanzstoff-Fabriken, Dr. Wilhelm Springorum, erbaut, wurde es ab 1939 als städtische Wirtschaftsschule für Eisenwaren und Hauswaren genutzt.

Diese Spitzhaube des Treppenturms und die neobarocken Dachgauben lassen mich irgendwie an eine mehrstöckige verzierte Sahnetorte denken, ich kann mir nicht helfen. 😉 Dazu die grünen bergischen Fensterläden… Zwei verschiedene Dächer: ein Walmdach, ein Mansardwalmdach… Diese Villa ist auf jeden Fall bemerkenswert.

Neobarocke Dachgauben der Villa Springorum

2. Villa Max und Ria Esser

Dieses Prunkstück in der Goebenstraße 16 ist eine streng symmetrisch aufgebaute in klassizistischen Stilformen errichtete Villa. Der Stahlwarenfabrikant Max Esser ließ sie zwischen 1898-1900 vom Architekten Heinrich Metzendorf errichten. Die Architektur verweist auf italienische Renaissancebauten.

Goebenstraße 16, 1901 fertiggestellt

Das Spannende ist darüber hinaus anscheinend auch das Innere des Gebäudes, das wir leider nicht sehen können. Aber auf einem Schild steht, dass die ehemalige Dame des Hauses, Ria Esser, während der Bauzeit die Schönheit des floralen Jugendstils entdeckt hat und deshalb das im Erdgeschoss gelegene Musikzimmer von Hans Eduard von Berlepsch-Valendas genau so gestalten ließ, also im floralen Jugendstil. Das bewegliche Mobiliar sowie die Wandverkleidung sind leider verschollen, aber der Rest ist erhalten.

Im Internet konnte ich einen Artikel über den heutigen Eigentümer der Villa Esser finden, bei dem das Jugendstil-Musikzimmer etwas größer abgebildet ist als auf dem Schild (Foto unterhalb meines Textes). Heute wird es als Praxis-Raum genutzt. Das Zimmer war wohl oft in Publikationen abgebildet und es gab mal den Plan, es komplett nach Köln ins Museum zu verfrachten. Auch auf der wunderbaren Internetseite „Jugendstil in Wuppertal“ von Professor Dr. Hermann Mahlberg und Dr. Hella Nussbaum, die bei meinem ersten Artikel über Wuppertal zeitweise leider nicht aufzurufen war, kann man das Musikzimmer, wie es früher und heute aussieht, betrachten. Es sieht toll aus und erinnert mich ein ganz klein wenig an die Einrichtung des Hauses Behrens in Darmstadt, wobei ich auch dieses nur von Fotos kenne.

3. „Reihenhäuser“ in der Bismarckstraße und in der Roonstraße

Auf der Tourentipp-Karte der Stadt Wuppertal heißt es über die Roonstraße: „Eine prächtige Fassade reiht sich an die andere, mit sehenswerten Haustüren und Portalen: ein wunderbarer Blick auf „Reihenhäuser“ à la Briller Viertel.“ Gleiches gilt wohl auch für das untere Ende der Bismarckstraße. Von solch einem Reihenhaus kann man ja nur träumen…

Roonstraße in Wuppertal
Bismarckstraße in Wuppertal
Bismarckstraße in Wuppertal, Nr. 41: erbaut 1898 mit Fachwerk-Zwerchgiebel

Weitere Foto-Impressionen

Bismarckstraße in Wuppertal

Schöner Wohnen in Wuppertal

Infos

  • Tourenplan der Stadt Wuppertal: Briller Viertel
  • Architektur in Wuppertal allgemein: Highlights in Serie
  • Jugendstil in Wuppertal: Der Jugendstil als prägende Epoche
  • Parken: Wir haben im Parkhaus „Schöner Parken Unterm Garten“ an der Friedrich-Ebert-Straße 88-90 geparkt, sind dann durch den kleinen Park gelaufen, haben die Briller Straße überquert und an der Sadowastraße mit der Tour begonnen

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