Spuren des Jugendstils finden sich an vielen Orten, man muss nur Ausschau nach ihnen halten. Ein lohnenswerter Abstecher ist das Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe, direkt neben dem Hauptbahnhof. Dort bieten die sogenannten „Period Rooms“ eine faszinierende Möglichkeit, Kunstwerke einer bestimmten Epoche in ihrem zeitgenössischen Ambiente zu erleben.

Da ich nur für einen halben Tag in Hamburg weilte, beschränkte ich mich bei meinem Besuch auf das Allerwichtigste: Die Abteilung zum Jugendstil und zur Moderne im ersten Obergeschoss. Ein besonderes Highlight war zudem die außergewöhnliche Kantine eines bekannten Hamburger Wochenmagazins (Spiegel-Kantine) – gestaltet im psychedelischen Sechziger-Jahre-Look des Designers Verner Panton (1926-1998). Die orange-roten Kreise erinnerten mich ein wenig an die Tapete im Wohnzimmer meiner Eltern Ende der 70er und ich fragte mich, wie lange ich eine derart intensive Farbgebung wohl ertragen könne. Offenbar hatten einige Spiegel-Mitarbeiter mit derselben Frage zu kämpfen.


Wie es zu der großen Jugendstil-Sammlung des Museums kam
Der erste Direktor des Museums, Justus Brinckmann (1843-1915), wollte eine Sammlung aufbauen, in der sich damalige Künstlerinnen und Künstler Inspiration für ihre Arbeit holen konnten. Dafür erwarb er zahlreiche Objekte auf der Pariser Weltausstellung 1900. Sie gilt als Meilenstein für den Jugendstil.
Ein zentraler Einfluss war Samuel Bing, der 1895 in Paris die Maison d’Art Nouveau gründete, in der Henry van de Velde und weitere Jugendstil-Künstler ihre Werke präsentierten. Auf der Weltausstellung 1900 erhielt Bing einen eigenen Pavillon – den Pavillon d’Art Nouveau. Er zählte zu den Höhepunkten der Ausstellung und trug maßgeblich zum Durchbruch des Jugendstils bei.
Justus Brinckmann gab übrigens Karl Ernst Osthaus die Gelegenheit zu einem „Praktikum“ in seinem Museum. Er spielte also eine entscheidende Rolle bei der Entstehung des Hohenhofs und des Folkwang-Museums in Hagen (siehe Blogartikel hier).
Verschiedene Räume im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe
In Hamburg verhält es sich ähnlich wie im Museum Wiesbaden, alle wichtigen Vertreterinnen und Vertreter werden präsentiert: Von Charles Rennie Mackintosh über die Tänzerin Loie Fuller zur Wiener Werkstätte, zu Richard Riemerschmid und vielen weiteren… Bis hin zu Peter Behrens, mit dem sich ja quasi die kommende Moderne anschließt.
Was ist eigentlich Art Déco?
Für mich persönlich interessant war die Beschreibung des Art Déco. Er bildete sich in den 1920er-Jahren in Frankreich und war offenbar eine Antwort auf die funktionalistische Moderne in Deutschland. Wo es in Deutschland um eine für die Massen erschwingliche Einrichtung ging, die industriell in Serie gefertigt werden konnte, wollte man offenbar in Paris das Gegenteil herstellen: Exklusive Einzelstücke für die Elite, um Frankreichs ungebrochene Macht in Fragen des guten Geschmacks zu demonstrieren.

Eindrücke der Ausstellung







Beginnende Moderne



Fazit
Wer Hamburg besucht und sich für Kunst und Gewerbe zwischen 1890 und 1910 interessiert, sollte sich die Jugendstil-Abteilung im Museum für Kunst und Gewerbe auf keinen Fall entgehen lassen! Ich selbst war sehr glücklich, diesen kleinen Abstecher trotz Zeitnot unternommen zu haben und einige kunstvoll gestaltete Objekte meiner inneren Sammlung hinzufügen zu dürfen. 🙂
Infos
- Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg
- Das Haus des Monsieur Bing – die Erfindung des Art Nouveau
- „Bewegte Jahre“: Eine fiktive Geschichte zum Jugendstil aus der Sicht eines damaligen Reporters (Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg)
- Weiterführende Links zum Jugendstil (Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg)


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